Der Unterschied zwischen Rasse und Gebrauchskreuzung
Was genau bedeutet der Begriff Rasse? Und was verbirgt sich hinter der Bezeichnung Hybrid Huhn?
Rasse bedeutet per Definition: „Die Gesamtheit der auf eine Züchtung zurückgehenden Tiere, die sich durch bestimmte gemeinsame Merkmale von den übrigen derselben Art unterscheiden.“
Bekannte Beispiele für Rassen sind die diversen und weitläufig bekannten Hunderassen wie Schäferhund, Border Colli, Labrador, Dackel etc. Bei den Hühnern sind es unter anderem die Vorwerkhühner, Italiener, White Rock, New Hampshire, Lachse, Maran oder Bresse Gauloise, welche bis heute bekannte Rassen sind.
Egal ob Hund oder Huhn – gemein ist beiden, dass diese Rassen immer für einen bestimmten Zweck gezüchtet wurden. Dieser Zweck drückt sich im jeweiligen Zuchtziel des Rassestandards aus. Durch gezielte Selektion werden solche Tiere zur Weiterzucht ausgesucht, welche dem jeweiligen Zuchtziel der Rasse besonders gut entsprechen. Ein Zuchtziel setzt sich dabei aus einem Strauß diverser und messbarer Eigenschaften zusammen welche je nach Rasse unterschiedlich gewichtet werden.
Es kann vereinfacht z.B. so lauten:
- Legeleistung 35%
- Eigröße 20%
- Körpergewicht 35%
- Gesundheit 10%
Je nachdem wie viel Gewicht also bestimmten Eigenschaften verliehen wird, werden Tiere ausgesucht bei denen diese Merkmale stärker oder weniger stark ausgeprägt sind.
Jede Rasse hat dabei ihre Besonderheiten sowie Vor und Nachteile. Am Beispiel der „ÖTZ Coffee“ Henne lässt sich das gut veranschaulichen:
Die Rasse Bresse Gauloise hat einerseits eine hervorragende Fleischqualität und Wachstumsintensität, auf der anderen Seite aber wenige und kleine Eier. Die Rasse New Hampshire hingegen wächst langsam, bleibt schlank und legt viele sehr große Eier. Um nun ein Tier mit mittelgroßen Eiern und gutem Zuwachs zu erhalten werden beide Rassen miteinander gekreuzt. Dieser Vorgang wird landläufig „Gebrauchskreuzung“ genannt und ist in der Rinder -und Schweinezucht seit jeher gang und gäbe.
Bei der Kreuzung zweier Rassen kann ein bestimmter Effekt eintreten welcher als „Heterosis Effekt“ bezeichnet wird und auch Grundlage der Hybridzüchtung heutiger Legehenenn und Masttiere ist. Heterosis ist dabei im Grunde ein wunderbarer Kunstgriff der Natur hin zu einer höheren genetischen Vielfalt und beschreibt eine messbare Abweichung (nach oben oder unten) bestimmter Leistungen der Nachkommen im Vergleich zu den Eltern. Dieser Effekt ist besonders oft im Bereich der Gesundheit anzutreffen. Das bedeutet z.b. die Küken zweier gekreuzter Rassen schlüpfen besser und sind gesünder als die Küken einer reinrassigen Herde. Kreuzungen zweier Rassen ist also nichts unnatürliches, sondern löst im besten Fall sogar eine gewisse Einseitigkeit bei beiden Rassen auf.
Die Züchtung von Rassen an sich ist eine mühsame Kulturleistung des Menschen um innerhalb der Landwirtschaft Nutztiere halten zu können, welche gewünschte Eigenschaften in besonderem Maße ausgeprägt aufweisen, welche in der freien Natur in dieser Intensität sicherlich nicht zu finden wären.
Sobald der Mensch mit der züchterischen Arbeit an der Rasse aufhört, entwickeln sich diese Leistungen wieder zurück. Das Rassehuhn verwandelt sich Stück für Stück wieder in seine Urform das Bankiva oder Sonnenrad Huhn mit 20 Eiern im Jahr zurück.
Dennoch haftet den Gebrauchskreuzungen oder auch Hybriden genannten Tieren ein negativer Ruf an. Dieser wird zumeist dadurch begründet, dass sie nicht stabil vermehrbar sind. Nicht stabil vermehrbar bedeutet, dass die Leistungen der Nachkommen aufspalten und von den Leistungen der Elterntiere mitunter stark abweichen. Das führt dazu, dass eine hofeigene Vermehrung von bereits gekreuzten Tieren zwar problemlos möglich ist, aber aufgrund der unsicheren Leistungen nicht oft durchgeführt wird.
Das eigentliche Problem der heutigen Hybriden ist jedoch im Grunde nicht der „Heterosis Effekt“ oder die Aufspaltung von Gebrauchskreuzungen, sondern die Frage „wie“ gezüchtet wird und auf welche Merkmale besonderen Wert gelegt wird. Mit Züchtung wird heut zu tage rein profitorientiert umgegangen. Es ist ein globales Geschäft mit nur wenigen Mitspielern. Dabei stellen die Kreuzungen ein Geschäftsgeheimnis dar. Landwirte haben somit keine Möglichkeit, Informationen zu den Zuchttieren zu erhalten, insbesondere zu der Frage, wie eine mögliche Weitervermehrung mit bestmöglicher Stabilität praxistauglich wäre. Es werden ausschließlich Gebrauchskreuzungen verkauft und die Weitervermehrung unterbunden.
Der Fokus der herkömmlichen Züchtungen liegt auf der Hochleistung (Eier oder Fleisch) und nicht auf ressourcenschonender und tierwohlorientierter Kreislaufwirtschaft. So entsteht eine Abhängigkeit, da der Landwirt jährlich neue Tiere zukaufen muss und ihm keine Hand gereicht wird, um selber zum Züchter seiner Tiere zu werden.
Deshalb ist die interessante Frage zu Gebrauchskreuzung und Hybriden nicht „ja oder nein“, sondern die Frage: bekomme ich Wissen und Unterstützung vom Züchter wenn ich meine eigenen Tiere vermehren möchte oder nicht?
Im Rahmen der Ökologischen Tierzucht gGmbH wird versucht bestmögliche Hilfestellungen für die betriebseigene Vermehrung zu geben, über die Vor- und Nachteile von Rasse und Gebrauchskreuzungszucht aufzuklären und alle Informationen zur Zucht transparent weiter zu geben.
Bei Fragen bitte an info(at)oekotierzucht.de wenden. Wir freuen uns über Ihr Interesse!