FAQ – Fragen und Antworten
HÄUFIG GESTELLTE FRAGEN
Was bedeutet ökologische Geflügelzüchtung und was unterscheidet sie von der derzeitigen Praxis?
In der ökologischen Geflügelhaltung leben alle Tiere, deren Eier und Fleisch wir konsumieren, unter ökologischen Haltungs- und Fütterungsbedingungen. Das Gleiche gilt auch für die Eltern dieser Tiere. Die Großeltern, auch Zuchttiere genannt, unserer Biohennen leben jedoch unter konventionellen Bedingungen in Einzeltierkäfigen – eben weil die Biobranche hier noch auf Tiere der großen Zuchtunternehmen angewiesen ist. Ein wichtiges Merkmal ökologischer Geflügelzucht ist für uns daher, dass alle für die Zucht benötigten Tiere bereits unter ökologischen Bedingungen gehalten werden. Das heißt, keine Einzeltierhaltung, Fütterung mit Ökofuttermitteln ohne chemisch synthetische Aminosäuren, kein präventiver Einsatz von Antibiotika und keine Manipulation an Schnäbeln, Kämmen und Flügeln. Soweit möglich wird auch auf künstliche Besamung verzichtet. Ein wichtiges Bestreben der Ökozüchtung ist es zudem, dass die Arbeit für alle transparent ist und nicht, wie in der herkömmlichen Züchtung üblich, hinter verschlossenen Türen stattfindet.
Warum brauchen wir eine ökologische Geflügelzucht?
Die Tierzucht ist ein Bereich im Ökolandbau, welcher aktuell noch in den Kinderschuhen steckt. Bis heute nutzen die meisten ökologischen Betriebe Legehennen und Mastgeflügel, welche für den konventionellen und nicht speziell für den ökologischen Landbau gezüchtet wurden.
Ein Zustand, der von vielen Landwirten in der Biobranche und auch von immer mehr Verbrauchern als nicht zukunftsfähig empfunden wird – das finden wir auch und darum fangen wir an…
Da der konventionelle Landbau andere Ansprüche an das Huhn hat als der Öko-Landbau erleben wir, dass die konventionell gezüchteten Hühner immer schlechter auf Öko-Betrieben zurechtkommen. Diese Haltung gleicht dem Versuch, einen Ferrari mit Sonnenblumenöl zu tanken um sich dann zu wundern, dass der Ferrari dabei kaputtgeht. Darum brauchen wir robuste Tiere, die ressourcenschonend und regional produziertes Futter gut fressen und verwerten können und damit von sich aus gesünder bleiben, weil sie weniger leisten müssen.
Warum und welche Küken werden getötet?
Legehennen sind Spitzensportlerinnen und einseitig auf Eierleistung gezüchtet. Da sich die Brüder der Legehennen nicht wirtschaftlich mästen lassen, werden sie direkt nach dem Schlupf vergast. Zu jeder Henne schlüpft ein Hahn – in Deutschland werden ca. 50 Mio. Hähne im Jahr getötet. 4 Mio. davon sind die Brüder von Bio-Legehennen.
Masttiere sind eine andere Sorte/Rasse von Huhn – wobei hier beide Geschlechter für die Fleischproduktion genutzt werden können.
Was unterscheidet ein Zweinutzungshuhn vom Bruderhahn?
Bei Zweinutzungshühnern müssen Henne und Hahn wirtschaftlich für sich stehen. Die Hennen legen Eier und der Hahn muss ein vernünftiges Gewicht auf die Waage bringen und einen richtigen Braten abgeben. Er hat einen eigenen Wert und finanziert sich selbst. Beim Bruderhahn der reinen Legerassen subventioniert die Henne mit ihrer Eierleistung das Futter für den Hahn mit, da der Bruder mehr Futter frisst als Fleisch ansetzt und darum leider unwirtschaftlich ist.
Wenn die Aufzucht und Verwertung der Bruderhähne so schwierig und die Lebensdauer so kurz ist, wäre dann nicht das Töten direkt nach dem Schlupf weiterhin die bessere Option?
Diese Frage muss sich am Ende jeder selbst beantworten. Entscheiden Sie selbst.
Option A: Das Küken schlüpft mühsam aus dem Ei, wird sortiert und in die Gaskammer gebracht. Dann wird es als Futter an eine Falknerei verkauft.
Option B: Das Küken schlüpft mühsam aus dem Ei, wird nicht sortiert, sondern zusammen mit den weiblichen Küken in einen Stall gebracht. Hier wächst es auf, lernt hüpfen und fliegen, kann staubbaden, ist bei Sonne und Wind im Auslauf unterwegs und wird mit 14-20 Woche als ausgewachsener Hahn geschlachtet. Dann wird er von einem gut informierten Kunden gekauft und kommt als Sonntagsbraten und als Teil des landwirtschaftlichen Kreislaufs auf den Tisch.
Der Bruder hat einen schlechten Stand: Er frisst Unmengen, nimmt nicht zu und der Landwirt bekommt zu wenig finanziellen Rückfluss – kurz zusammengefasst: Je kürzer die Mastdauer, umso günstiger ist es für den Landwirt. Deswegen die männlichen Tiere nach dem Schlüpfen zu vergasen, ist aber keine Option, weil es immer mehr Menschen als (menschen-)unwürdig empfinden, so mit den Tieren umzugehen.
Dass es je dazu kam, dass die Küken vergast werden, ist Ausdruck für den grundsätzlichen Werteverfall der landwirtschaftlichen Produkte in den vergangenen Jahrzehnten. Jetzt argumentieren zu müssen warum es nicht in Ordnung ist, Küken zu vergasen, Schweinen die Schwänze und Kühen die Hörner abzuschneiden, ist doch an sich schon kurios.
Klar ist: Wir werden andere, vielleicht auch unbequemere Wege gehen müssen. Die Bruderhahnaufzucht ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Unsere Aufgabe ist es, jetzt eine gute Entwicklung der Strukturen zu unterstützen, anstatt sofort die perfekte Lösung zu erwarten. Denn eine wirkliche, zukunftsfähige Lösung für die männlichen Küken braucht Geduld, Zeit und Mut zur Veränderung.
Es gibt ja Zweinutzungshühnerrassen, warum kann man die nicht einfach für den gewerblichen Bereich einsetzen?
Der Profibereich benötigt Tiere, welche zu diesem System passen. Die Legehennen-Hybriden wurden im Laufe der Jahrzehnte genau an die jeweiligen Haltungsumwelten angepasst. Ein „normales“ Huhn würde in der Käfighaltung nicht überleben können. Ähnlich verhält es sich mit den anderen Haltungssystemen (auch dem ökologischen), welche letzten Endes alle stark von dem abweichen, was natürlicherweise den Lebensraum und die Gruppengröße von Hühnern angeht. Dazu kommt, dass neben dem Verhalten der Tiere auch Faktoren wie die Eigröße sehr wichtig sind. Die meisten alten Rassen legen sehr viele sehr kleine Eier – diese sind heut zu Tage leider nicht kostendeckend vermarktungsfähig.
Fazit ist darum: es ist nicht zu empfehlen alte Rassehühner unter den gängigen Haltungssystemen und in den üblichen Gruppengrößen zu halten.
Das liegt einerseits am Huhn selbst, da es nicht angepasst ist wie oben versucht wurde zu erklären, andererseits aber auch an der Verfügbarkeit. Zudem sind die Bestände, in denen diese Tiere gehalten werden sehr unterschiedlich bezüglich Gesundheit und Leistung, Impfstatus etc. zu sehen – darum gibt es kaum eine größerer Brüterei, die überhaupt Bruteier von diesen Tieren brüten würde (Seuchengefahr – gerade im Bio-Landbau, wo spezielle Desinfektionsmittel nicht verwendet werden dürfen, muss in den Brütereien penibel auf Hygiene bei den Bruteiern geachtet werden). Ganz davon abgesehen dürfte die Brüterei dies auch nicht, da Bruteiproduktion nur unter speziellen Haltungsvorgaben offiziell erlaubt ist. Auch der Landwirt hat es im Anschluss schwer, mit diesen Tieren zu arbeiten – es sei denn er bekommt die notwendigen Preise für die geringen Leistungen ausgeglichen (Vergleich: Hybridhuhn 330 Eier/Jahr, Rassehuhn max. 150 Eier/Jahr).
Dennoch gibt es Betriebe, welche mit Rassehühnern arbeiten. Dann müssen jedoch eigene Strukturen für Brut und Aufzucht auf dem Betrieb oder in der Region vorhanden sein und in der Regel sind es auch kleine Bestände und Gruppen von ca. 10-250 Tieren. Das funktioniert dann gut und entspricht sicherlich auch dem Idealbild von ökologischer Landwirtschaft.
Unter „gewerblichem Bereich“ könnte man alles, was über 1000 Tiere geht, bezeichnen. Hier einfach andere Tiere in die Ställe zu setzen ist jedoch viel zu kurz gedacht und schadet den Tieren und dem Landwirt unter Umständen mehr als dass es Besserung verschafft.
Was ist Züchtung und was ist Haltung?
Züchtung
Züchtung bedeutet, jedes Tier wird über einen festgelegten Zeitraum genau untersucht und alle notwendigen und messbaren Daten, z.B. zu Eimenge, Eigröße, Körpergewicht, Gefiederzustand, Verhalten oder Gesundheit werden aufgenommen. Nach diesem festgelegten Zeitraum wir das Tier benotet und entschieden (selektiert), ob die Nachkommen für die nächste Generation interessant sind. So kann sich die Leistung von Generation zu Generation verbessern. Züchtung ist die gezielte Veränderung und Pflege von besonderen Eigenschaften einer Rasse (z.B. besonders große oder kleine Eier) – aber sobald die Pflege eingestellt wird, verschwinden diese besonderen Eigenschaften wieder zusehends. Ein guter Züchter beurteilt ein Tier jedoch nie nur nach den Daten – mindestens genauso wichtig ist es, das Tier zu beobachten (Phänotyp), um herauszufinden, ob es sich um ein zufriedenes, gesundes Tier handelt, welches einerseits gut zu den gesetzten Zuchtzielen passt und sich gleichzeitig wesensgemäß verhält und ausdrückt (Flattern, Fliegen etc.).
Haltung
Bei der Haltung geht es rein darum, die Tiere für die Eier- oder Fleischerzeugung zu halten. Dazu gehört es, das Tier zu füttern, den Stall zu misten, die Eier einzusammeln etc.
Was wären gravierenden Nachteil, wenn alte Rassehühner eingesetzt würden und hätte das auch Vorteile?
Nachteile der Haltung von Rassegeflügel sind oben bereits beschrieben.
Ein Vorteil von Rassehühnern ist ganz klar, dass sie stabil vermehrbar sind. Kreuzungstiere müssen immer wieder neu zugekauft werden. Rassehühner könnte der Landwirt selbst vermehren – Stichwort hofangepasste Rassen. Ob er das dann tut oder nicht kann er selbst und frei entscheiden. Aber oftmals fehlt heute leider das Knowhow zur eigenen Vermehrung auf den Betrieben. Das ist übrigens u.a. auch ein Ziel der Öko Tierzucht gGmbH: Wissen weiterzugeben und zu helfen, Strukturen und Knowhow aufzubauen.
Damit Rassehühner sinnvoll eingesetzt werden können müssen sie geprüft, selektiert und dann dauerhaft in ihren Leistungen gepflegt werden. Das ist das, was wir über die ÖTZ-Züchtungsarbeit im Kern machen. Zudem halten wir die Tiere unter Bedingungen, die die Bruteiproduktion erlauben und in Herden, aus denen auch größere Anfragen beliefert werden können. So können wir sowohl Landwirte beliefern welche Rassehühner halten und selbst vermehren wollen, sowie Landwirte die Kreuzungstiere halten möchten.
Kükenaufzucht
In unserem Leitfaden Kükenaufzucht finden Sie alle wichtigen Informationen und Tipps für eine erfolgreiche Aufzucht: Ausstattung, Ernährung und Futter, Vermeidung von und Umgang mit Krankheiten und vieles mehr.
Was ist der Unterschied von einer Rasse und einer Gebrauchskreuzung?
Rasse bedeutet per Definition: „Die Gesamtheit der auf eine Züchtung zurückgehenden Tiere, die sich durch bestimmte gemeinsame Merkmale von den übrigen derselben Art unterscheiden.“
Einfachste Beispiel sind die diversen und weitläufig bekannten Hunderassen wie Boxer, Schäferhund, Labrador, Dackel, Windhund oder Pudel. Dies sind Rassen, welche ein spezielles Zuchtziel verfolgen. Durch gezielte Selektion werden solche Tiere zur Weiterzucht verwendet, die den jeweiligen Zuchtzielen besonders gut entsprechen. Eine bekannte Gebrauchskreuzung hingegen ist z.B. ein Labradoodle, eine einfache Mischung aus Labrador und Pudel. Dabei zeigt das gekreuzte Tier Eigenschaften beider Rassen auf – wie z.B. die lockigen Haare des Pudels und den Charakter und die Fellfarbe des Labradors.
Bei den Coffee und Cream Tieren der Ökologische Tierzucht gGmbH verhält es sich analog. Sie sind einfache Kreuzungen aus den Rassen Bresse Gauloise x New Hampshire (Coffee) und Bresse Gauloise x White Rock (Cream). Diese Gebrauchskreuzungen sind in keinem Fall unnatürlich, sondern lösen im besten Fall eine gewisse Einseitigkeit bei den Rassen auf. So kommt es beispielsweise oft vor, dass Mischlingshunde u.a. gesünder sind als reine Rassen: bei einer Kreuzung von z.B. Boxer und Schäferhund kann eine nicht ganz so platte Nase und weiterhin eine gesunde Hüfte das Resultat sein.
Reinrassigkeit ist eine Erfindung des Menschen. Das Ziel ist, spezielle Eigenschaften bei einem Tier herausarbeiten zu können, welche in der Natur in dieser Ausprägung nicht zu finden wären. Gleichzeitig geht beides Hand in Hand, denn ohne die Rassezucht wäre eine gute Gebrauchskreuzungszucht nicht möglich. Dennoch haftet den Gebrauchskreuzungen oder auch Hybriden genannten Tieren ein negativer Ruf an. Dieser wird dadurch begründet, dass sie nicht stabil vermehrbar sind. Das bedeutet, dass die Nachkommen aufspalten und ggf. von den Leistungen und der Erscheinung der Elterntiere abweichen. Das ist im Allgemeinen bei einer reinen Rasse nicht so schnell der Fall, es sei denn es findet keinerlei Selektionsarbeit mehr statt. In dem Fall würde jede Rasse mit der Zeit degenerieren und dem Ur-Tier wieder ähnlicher werden. Rasse gibt es also immer so lange, wie der Mensch eingreift und als Züchter bestimmten Tieren den Vorrang bei der Vermehrung gibt und andere Tiere davon ausschließt.
Problematisch ist demnach nicht die Kreuzung an sich, also das „was“, sondern das „wie“: Mit Züchtung wird profitorientiert umgegangen. Wenn die Kreuzungen nicht transparent geschehen und Landwirte keine Möglichkeit haben, Informationen zu erhalten wie eine mögliche Weitervermehrung mit bestmöglicher Stabilität praxistauglich wäre, dann entsteht eine ungesunde Abhängigkeit. Diese führt zu Misstrauen gegenüber dem Züchter. Der Landwirt muss jährlich neue Tiere kaufen und hat keine Möglichkeit selbständig zum Züchter zu werden, da ihm das KnowHow und die besten reinrassigen Elterntiere zur Zucht fehlen. Deshalb ist die kritische Frage zur Gebrauchskreuzung nicht „ja oder nein“, sondern die Frage: bekomme ich Wissen und Unterstützung vom Züchter wenn ich meine eigenen Tiere vermehren möchte?
Wir bei der Ökologische Tierzucht gGmbH versuchen bestmögliche Hilfestellungen zu geben und über die Vor- und Nachteile eigener Weitervermehrung aufzuklären. Bislang konnte für jeden Betrieb eine gute Möglichkeit gefunden werden, um sowohl dem Anspruch nach eigener Weiterzucht als auch der Teilhabe am Zuchtfortschritt der ÖTZ gerecht zu werden. > Siehe Kreuzungsschema der ÖTZ
Der Zweinutzungshahn braucht, um an Masse zuzulegen, mehr Zeit und Futter. Dementsprechend ist auch der Bedarf an Futterflächen und an Mastställen höher. Was sagen Sie dazu, dass der Zweinutzungshahn aus diesem Grund aus rein ökonomischer Sicht keine Alternative zur Tötung der männlichen Küken darstellt?
Der Zweinutzungshahn braucht kein Soja aus Übersee, sondern kommt mit heimischen weniger „wertvollen“ Futtermitteln (Getreide und Leguminosen) und Reststoffen aus der Nahrungsmittelproduktion gut zurecht – davon kann er ruhig viel fressen. Wenn Sie daran denken, wie viel Lebensmittel weggeworfen werden, woraus Hahn und Huhn wertvolles Eiweiß aufbauen könnten… Das Huhn hat seine Aufgabe als Resteverwerter innerhalb des landwirtschaftlichen Kreislaufes, ist aber heut zu Tage zu einem erstklassige Nahrungskonkurrenten des Menschen gemacht worden.
Zudem werden Billionen von Tonnen an Diesel nicht nur zur Erzeugung der Futtermittel aufgewendet, sondern auch bei den Transporten mit dem Schiff verbraucht. Ganz davon abgesehen, dass auch eine enorme Nährstoffverlagerung stattfindet: der Mist, der hier erzeugt wird, wird in aller Regel ja nicht wieder zurück auf die Flächen (Amazonas Regenwald) gebracht, wo die Futtermittel erzeugt wurden. Das sind externe Kosten, welche noch immer nicht bedacht werden.
Was die Ställe angeht, sollten die Mastställe in erster Linie mit den Hähnen bestückt werden. Das sind die Tiere, welche sozusagen „Vorrecht“ haben. Erst wenn alle Hähne aufgezogen wurden, dürften aus unserer Sicht andere Masttiere eingestallt werden. Da die Kosten für einen Zweinutzungshahn deutlich höher liegen als für ein Masthähnchen (da der Hahn länger lebt und darum eine höhere Arbeitszeit für sich beansprucht) würde sich die Nachfrage vermutlich selbst regulieren. Den Hahn als Zusatz zu sehen macht keinen Sinn. Er ist das, was es an Hähnchenfleisch gibt – zumindest für den Öko-Bereich würden wir uns das wünschen!