Die Männer geben keine Milch und legen keine Eier. Sie können nur fressen. Und wenn sie dann noch nicht mal ordentlich Gewicht zulegen, dann wird’s eng. Für den Landwirt – und für die männlichen Nutztiere. Engagierte Bio-Züchter und Landwirte zeigen Wege auf, die aus dieser Enge herausführen. Doch der Bio-Fachhandel und seine Kunden müssen sie auch mitgehen.
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„Ob Brudertiere, samenfeste Sorten, kuhgebundene Kälberaufzucht – wir sind noch nicht da, wo wir sein wollen. Bio ist leider keine perfekte Welt. Als Demeter-Verband wollen wir der Gesellschaft Impulse geben für ein anderes Wirtschaften, für einen ganzheitlichen Umgang mit Mensch, Tier und Natur. Dazu gehört natürlich immer auch, dass wir das ansprechen, was noch nicht funktioniert. So waren Demeter-Landwirte von Beginn an maßgeblich daran beteiligt, das Thema der Bruderhähne in die Öffentlichkeit zu bringen. Das zeigt: wir müssen mutig kommunizieren, denn nur so konnte die Bruderhahn-Initiative (BID) und die Ökotierzucht (ÖTZ) so erfolgreich werden, die Demeter gemeinsam mit Bioland gegründet hat. Heute sind wir dabei, uns für mehr kuhgebundene Kälberhaltung einzusetzen und Strukturen für die Bullenkälbervermarktung aufzubauen – etwas, was Verbraucherinnen und Verbraucher zu Recht erwarten. Doch wir merken: Wenn sie spüren, dass wir auf dem Weg sind und uns für Tier, Mensch und Natur einsetzen, dann schätzen sie das und treten mit uns in Kommunikation darüber, wie es gelingen kann.Heute redet jeder vom Kükentöten und wie man es beenden könnte. 2011 war das noch anders. Damals startete die Naturland Marktgesellschaft mit »Ei Care« eines der ersten Zweinutzungshuhn-Projekte. Dafür musste man erst einmal kommunizieren, dass es ein Problem gibt mit den Bruderhähnen – auch im Bio-Bereich. Hat sich der Mut gelohnt? Eindeutig ja! Aus zwei Gründen. Erstens haben wir als Öko-Branche eine Diskussion angestoßen, die nun Veränderungen ermöglicht – auch wenn der Weg noch immer weit ist und manch Konventioneller nur auf dem Trittbrett mitfährt. Und zweitens gehören Transparenz und Veränderungswille zu unserer DNA. Denn Bio ist angetreten, eine zukunftsfähige Landwirtschaft zu gestalten. Dafür müssen wir uns auch selbst immer wieder hinterfragen und nach neuen, besseren Lösungen suchen. Genau das tun heute z.B. Naturland-Projekte wie der »Riegseer Weideochs« oder die »Erzeugergemeinschaft Schwarzwald Bio-Weiderind«, wenn sie neue Vermarktungswege für Bruderkälber entwickeln.“
DR. ALEXANDER GERBER —Vorstand Demeter e.V. und Gesellschafter der ÖTZ
„Die Verbraucher sollen verstehen, dass auch im Biobereich Nutztierhaltung kein reines Bullerbü ist. Darum gehen wir sehr offen mit den Themen muttergebundene Kälberaufzucht, Verbleib der Bullenkälber und Ziegen-Bockkitze sowie männlicher Küken um. Die Verbraucher sind grundsätzlich dankbar für die Aufklärung. Manche tun sich schwer mit der Tatsache, dass auch wir Öko-Verbände mit diesen Themen konfrontiert sind. Selbst wenn alle Biobauern ihre männlichen Tiere aufziehen wollten, müsste die gesamte Wertschöpfungskette mitziehen. Dass Verarbeiter, der Handel und am Ende auch die Kunden hier ihren Beitrag leisten müssten, gerät oftmals aus dem Blick. Da uns das Thema sehr beschäftigt und die momentane Situation nicht zufriedenstellend ist, engagieren wir uns in zahlreichen Initiativen. So forschen wir als Gesellschafter in der Ökologischen Tierzucht gGmbH am Zweinutzungshuhn, sind Teil der Brudertierinitiative und arbeiten bei weiteren Projekten mit, in denen an der Züchtung von Zweinutzungstieren gearbeitet wird. Das sehen und honorieren die Verbraucher.“
GERALD WEHDE —Pressesprecher Bioland e.V.
Bild: Yool für Demeter e.V.