Pressemitteilung
Werden Sie zum echten Kükenretter, Herr Özdemir!
Das Kükentöten wird zwar zum Jahresanfang in Deutschland per Gesetz verboten sein – für die Ökologische Tierzucht gGmbH (ÖTZ) ist das allerdings keine Problemlösung. Statt weiter auf Hochleistungsrassen zu setzen, die einseitig auf Legeleistung gezüchtet sind und hochkonzentriertes Futter brauchen, fordert die ÖTZ ein Umdenken in der Tierhaltung- hin zu robusten Zweinutzungsrassen, bei denen Hahn und Henne aufgezogen werden.
ÖTZ-Geschäftsführerin Inga Günther wünscht sich von der zukünftigen Bundesregierung verbindliche Leitplanken für eine verantwortungsvolle und ethische Tierhaltung, der Verbraucher*innen vertrauen können. Sie fordert den nominierten Landwirtschaftsminister Cem Özdemir auf: „Werden Sie zum echten Kükenretter!“
„Die Koalitionspartner der neuen Bundesregierung müssen sich für eine Tierhaltung einsetzen, wie sie Verbraucherinnen und Verbraucher heute zu Recht erwarten“, fordert Günther. „Tierwohl fängt schon bei der Züchtung an. Daher müssen sowohl die Züchtung als auch die Haltung von Zweinutzungsrassen gefördert werden.“ Für die Hühnerhaltung bedeutet das konkret: Wir brauchen eine bevorzugte Förderung von Projekten zur Züchtung von robusten Zweinutzungshühnern gegenüber der Forschungsförderung zur In-Ovo-Selektion.
Zudem müssen die Verbraucher*innen über die Hintergründe besser informiert werden. „Eier aus Beständen mit In-Ovo-Selektion als ‚ohne Kükentöten‘ zu vermarkten, ist eigentlich eine Mogelpackung“, so Inga Günther weiter. „Die Kennzeichnung muss klarer werden. Denn ‚ohne Kükentöten‘ darf nur bedeuten, dass auch die Bruderhähne aufgezogen werden.“ Zweinutzungsrassen sind die Lösung, um die Aufzucht aller Küken – Hahn wie Henne – zu ermöglichen. „Für eine nachhaltige Tierhaltung brauchen wir robuste Hühnerrassen, die statt ausschließlich hochkonzentriertes Futter zu fressen auch Nährstoffe aus Resten der Nahrungsmittelherstellung ziehen können. Damit wird die Nahrungskonkurrenz zum Menschen verringert“, so Günther. Die Politik muss hier steuernd eingreifen, indem sie Forschungs- und Züchtungsprojekte zu Zweinutzungsrassen unterstützt, den Absatz von Bruderhahnfleisch, beispielweise in öffentlichen Kantinen, fördert sowie den Verbraucherinnen und Verbrauchern eine klare Kennzeichnung an die Hand gibt.
Kontakt:
Inga Günther, Geschäftsführerin
Telefon: 0151-10820382
www.oekotierzucht.de
Die Ökologische Tierzucht gGmbH
Die Ökologische Tierzucht gGmbH ist der im März 2015 gegründete gemeinnützige Träger für eine eigenständige, ökologische Tierzucht. Als Gesellschafter gehen die beiden Bio-Verbände Bioland und Demeter dafür eine Kooperation ein. Das wichtigste Ziel der Ökologische Tierzucht gGmbH ist es, die Züchtung von Zweinutzungstieren voranzubringen, die für den Ökolandbau angepasst sind sowie die Betriebe bei der Haltung und Vermarktung der Zweinutzungstiere und ihrer Produkte zu unterstützen. Der gemeinnützige Träger sieht sich als Alternative zu Konzernstrukturen – Züchtung wird als Kooperationsprojekt mit Bäuerinnen und Bauern betrieben.
Hintergrundinformationen
Kükentöten-Verbot: 5 Forderungen an die Koalition
Das Kükentöten wird zum Jahresanfang in Deutschland per Gesetz verboten sein. Für die Ökologische Tierzucht gGmbH (ÖTZ) kann das nur der erste Schritt einer Problemlösung sein. ÖTZ-Geschäftsführerin Inga Günther gratuliert Cem Özdemir zur Nominierung zum Landwirtschaftsminister und wünscht sich von der zukünftigen Bundesregierung verbindliche Leitplanken für eine verantwortungsvolle und ethische Tierhaltung, der Verbraucher*innen vertrauen können.
1. Förderung der Nutzung von Zweinutzungstieren, zum Beispiel durch finanzielle Unterstützung entsprechender Betriebe und Forschung statt staatlicher Förderung von In-Ovo-Selektion.
2. Produkte mit Eiern aus In-Ovo-Selektion dürfen nicht mit dem Zusatz „ohne Kükentöten“ beworben werden, denn das würde Verbraucher*innen in die Irre führen, da nach der Geschlechtsbestimmung im Ei die männlichen Tiere nicht aufgezogen, sondern bereits im Ei getötet werden.
3. Starker Einsatz auf EU-Ebene für ein EU-weites Verbot des Kükentötens.
4. Lösungen finden, damit das Verbot des Kükentötens nicht durch Importe weiblicher Küken umgangen wird bzw. klare Markierung von importierten Produkten auf Basis von Kükentöten für Transparenz bei Verbraucher*innen.
5. Bruderhahnfleisch in allen öffentlichen Verpflegungseinrichtungen verwenden und somit den Absatz für Betriebe mit Bruderhahnaufzucht sichern.
Drei Antworten von ÖTZ-Geschäftsführerin Inga Günther auf Fragen rund ums Kükentöten:
Warum ist In-Ovo keine Lösung und Zweinutzung schon?
„Geschlechtserkennung im Ei, um das Töten von männlichen Küken zu verhindern? Klingt erstmal gut. Doch auch bei der In-Ovo-Selektion wird das männliche Küken getötet, nur eben vor dem Schlupf und nicht danach. Wir setzen uns dafür ein, dass auch die männlichen Tiere ein Leben haben dürfen und nicht wertlos sind. Zwar werden sie auch gemästet und geschlachtet – allerdings nicht sinnlos, sondern um dem menschlichen Verzehr zu dienen.
Es ist sinnvoll das Problem ganzheitlich anzugehen. Statt Turbo-Legehennen zu züchten, deren Brüder keinen Nutzen für Landwirt*innen haben, sollten wir zukünftig auf Hennen setzen, die etwas weniger Eier legen und Hähne, die dafür mehr Fleisch ansetzen – Zweinutzungsrassen eben. Diese sind auch die nachhaltige Alternative zu Hochleistungs-Masthähnchen, die innerhalb kürzester Zeit so massiv an Gewicht zulegen müssen, dass ihre Gelenke und Knochen der Belastung nicht standhalten können.
Der Ausbau der In-Ovo-Methode führt hingegen zur Zementierung von Monopol-Strukturen, die es in der Geflügelzucht ohnehin schon zu viel gibt. Die Technik hinter der In-Ovo-Selektion ist sehr teuer, sodass sich die Investition nur für große, finanzstarke Brütereien lohnt. Kleine Brütereien laufen Gefahr, abhängig von diesen Strukturen zu werden.
Daher fordern wir, dass Produkte auf Basis der In-Ovo-Selektion nicht mit dem irreführenden Hinweis „ohne Kükentöten“ beworben dürfen.”
Werden durch das Verbot des Kükentötens die Brütereien nicht ins Ausland abwandern?
„Es ist für Brütereien grundsätzlich attraktiver geworden, im Ausland zu produzieren, wo das Kükentöten weiterhin erlaubt ist. Kleine Brütereien können sich In-Ovo-Methoden nicht leisten, aber auch die großen Brütereien werden abwandern. So ist das Problem nur verschoben und Verbraucher*innen können nicht erkennen, dass sie weiterhin Produkte mit Kükentöten kaufen. Es werden also Produkte und Tiere eingeführt werden, die aus Systemen stammen, in denen Kükentöten praktiziert wird. Wir fordern, dass der Tierwohlstandard auch für Importware durchgesetzt wird, und konsequenterweise dürfen Produkte mit Kükentöten aus dem Ausland zur Einfuhr nicht importiert werden. Die Bundesregierung muss sich auf EU-Ebene dafür einsetzen, das Kükentöten EU-weit zu beenden.“
Warum landen die Bruderhähne der weiterhin hochspezialisierten Legehennen in Ghana und anderen Ländern?
„Wir fordern eine Unterstützung der Vermarktung von Bruderhähnen im Inland auf allen Ebenen. Sonst landen die Schlachtkörper der Bruderhähne in Tierfutter und werden in afrikanische Länder wie Ghana exportiert, wo dies die lokalen Märkte zerstört.
Das Hahnenfleisch von Brudertieren muss daher in öffentlichen Verpflegungseinrichtungen (Kantinen, Mensen) bevorzugt eingesetzt werden, um den Absatz im Inland zu sichern. Ganz konkret muss bei 230 Eiern pro Jahr und Person jede*r Bürger*in pro Jahr auch einen Bruderhahn verspeisen, damit das Konzept aufgeht.
Eines ist allerdings klar: für eine langfristige und wirklich nachhaltige Lösung muss die Züchtung und Haltung von Zweinutzungstieren gefördert werden. Bei diesen haben sowohl die Henne als auch der Hahn einen wirtschaftlichen Nutzen – ohne Quersubvention durch das Ei für den Bruderhahn, ohne In-Ovo-Selektion und inklusive Tierwohl. Auch dem Klimaschutz kommt dies zugute, denn Zweinutzungstiere benötigen kein Hochleistungsfutter, sondern können von inländisch erzeugtem Futter ernährt werden.
Langfristig muss die Tierhaltung so umgestaltet werden, dass die Tiere nicht in Nahrungskonkurrenz zum Menschen stehen. Die Züchtung robuster Tiere ist hier ein wichtiger Schritt. Zudem muss der Einsatz von Resten aus der Nahrungsmittelherstellung als Futtermittel gefördert werden.“